Geburtsverlauf: Die 4 Phasen der Geburt
Alles ist gekauft und bereit für das Baby und jetzt wartest du gespannt auf den ganz besonderen Tag der Geburt deines kleinen Wunders. Aber was kommt auf dich als werdende Mama zu? Wie findet der Geburtsverlauf statt? Aus welchen Phasen besteht eine Geburt und wie unterscheiden sie sich? Was machen die Wehen in deinem Körper? Und wie erlebt dein Baby die Geburt? Diese und weitere Fragen möchte ich dir in diesem Artikel beantworten.
Inhaltsverzeichnis
Erste Geburtsanzeichen: Wenn es los geht
Manchmal kündigt sich eine anstehende Geburt schon einige Tage vorher an. Und auch die werdende Mama weiß häufig schon, dass sich ihr Leben bald verändern wird. Neben der inneren Stimme gibt es aber auch Anzeichen auf die du achten kannst, um einen baldigen Geburtsbeginn zu erkennen. Das sind z.B. leichte Blutungen, die durch die beginnende Öffnung des Muttermundes entstehen können, zunehmende Kontraktionen der Gebärmutter oder der Abgang des sogenannten Schleimpropfes, der das Kind während der Schwangerschaft vor Infektionen schützt.
Der langsame Geburtsbeginn: Die Latenzphase
Bevor die Geburt offiziell losgeht, durchlebt die werdende Mama die sogenannte Latenzphase. Die Latenzphase bezeichnet den Übergang von der Schwangerschaft zur Geburt. In dieser Zeit melden sich die ersten Kontraktionen und dein Körper beginnt mit der Produktion einiger wichtiger Hormone für die Geburt. Auch dein Kind stimmt sich auf die bevorstehende Geburt ein und bereitet sich auf das Leben außerhalb deines Körpers vor.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Fahrt ins Krankenhaus zur Geburt?
Dein Gebärmuttermund zentriert sich und beginnt sich langsam zu öffnen. Die Wehen, welche du nun spüren kannst, sind meist noch sehr unregelmäßig und unkoordiniert. In dieser Zeit ist es noch nicht notwendig, in den Kreißsaal zu fahren. Nimm dir lieber noch etwas mehr Zeit zu Hause, zieh dich zurück und lass dir ein warmes Bad einlaufen. Versuche dich auf die bevorstehende Geburt zu freuen und übe die Veratmung der ersten Wehen. Wenn die Wehen langsam regelmäßiger werden und in einem Abstand von ca. 5 bis 10 Minuten kommen, wird es langsam Zeit dich auf den Weg ins Krankenhaus zu begeben.
Der Geburtsverlauf: Die 4 Phasen der Geburt
Um dein Baby auf dieser Welt begrüßen zu können, geht dein Körper durch den Prozess der Geburt. Dieser Geburtsverlauf ist üblicherweise in vier verschiedene Geburtsphasen eingeteilt:
- Die Eröffnungsphase
- Die Übergangsphase
- Die Austrittsphase
- Die Nachgeburtsphase
1. Phase des Geburtsverlaufs: Die Eröffnungsphase
Der eigentliche Beginn einer Geburt zeichnet sich durch die sogenannte Eröffnungsperiode aus. In der Eröffnungsperiode merkst du, wie die Wehen immer regelmäßiger werden. Sie kommen in immer kürzeren Abständen von ungefähr 3 bis 6 Minuten, in denen du schon mitatmen und tönen kannst.
Wie entstehen Wehen?
Wehen entstehen durch das Zusammenziehen deiner Gebärmuttermuskulatur. Deine Gebärmutter besteht aus verschieden verlaufenden Muskelgruppen. Durch die Kontraktionen der Gebärmutter werden diese Muskelgruppen verkürzt und öffnen so den Muttermund Zentimeter für Zentimeter.
Das ist mit dem Training der Oberarme zu vergleichen: Beugst du deinen Arm regelmäßig mit Kraft, verkürzen sich die Muskeln und stärken sich dadurch mit der Zeit. Das Kuschelhormon Oxytocin führt dazu, dass sich die Muskeln der Gebärmutter zusammenziehen. Die Hormone Relaxin und Endorphin sorgen für die notwendige Entspannung in den Wehenpausen.
Im Laufe der Eröffnungsperiode werden die Abstände zwischen den Wehen für dich immer kürzer wahrnehmbar werden, während sich dein Kind auf die Reise durch das Becken zu begeben beginnt. Es rutscht tiefer und positioniert sich mit seinem Köpfchen am Eingang deines Beckens. Diese Phase endet, wenn der Muttermund ungefähr 8 cm geöffnet ist.
2. Phase des Geburtsverlaufs: Die Übergangsphase
Die Übergangsphase bezeichnet die Zeit, in der sich dein Muttermund von 8 auf ungefähr 10 cm öffnet. Diese Phase ist meist etwas kürzer als die vorherige Eröffnungsphase. In dieser Phase spürst du die Wehen besonders intensiv.
Trotz extrem kurzer Abstände hilft es den Fokus auf die Atmung zu legen. Versuche in den Wehenpausen wirklich "auf Reset zu drücken" und deine Kräfte für die letzte Phase der Geburt zu sammeln.
Da sich dein Kind in diesem Abschnitt des Geburtsverlaufs meist schon weiter durch dein Becken geschoben hat, nimmt auch der Druck auf dein Kreuzbein immer weiter zu. Dein Partner oder deine Hebamme können dir den Druck mit einer angenehmen Massage des unteren Rückens erleichtern. Manchen Frauen hilft auch ein warmes Kirschkernkissen, um den Druck zu lindern. Wichtig: Liegende Positionen in dieser Zeit verstärken dieses Gefühl zusätzlich. Bleibe deshalb in Bewegung und kreise dein Becken, um dein Baby tiefer zu schaukeln.
3. Phase des Geburtsverlaufs: Die Austrittsphase
Die Austrittsphase, früher auch Austreibungsphase genannt, ist die Phase, in der dein Muttermund vollständig geöffnet ist und zu deren Ende dein Baby schließlich geboren wird.
Häufig wurde angenommen, dass der einzige Nutzen der Wehentätigkeit die Öffnung des Muttermundes sei. Entgegen dieser Annahme bewirken die Wehen aber viel mehr, was dir zugutekommen kann. Ähnlich wie bei deinem Bizeps-Training, verkürzen sich die Muskelgruppen und öffnen dabei den Muttermund. Gleichzeitig wird der obere Teil der Gebärmutter, der sogenannte Fundus, mit jeder Kontraktion dicker und dadurch auch stärker. In der letzten Phase des Geburtsverlaufs, wenn dein Muttermund bereits geöffnet ist, hilft dieser gestärkte Teil dein Kind tiefer ins Becken zu schieben, bis du es auf dieser Welt begrüßen kannst.
Die Abstände der Wehen sind in dieser Phase besonders kurz. Da dir die Gebärmutter fleißig hilft, dein Baby durch das Becken zu bewegen, dauern sie häufig auch zwischen 60 bis 90 Sekunden an. Auch du als Mama spürst den natürlichen Drang mit zuschieben, während dein Kind immer tiefer rückt. Verlasse dich auf deine Intuition und schiebe nach Gefühl mit.
Welche Geburtspositionen gibt es?
Aufrechte Positionen nutzen die Schwerkraft optimal und öffnen dein Becken. Dein Partner kann dich dabei unterstützen, indem du dich an ihm festhältst oder er sich auf einen Stuhl setzt und du dich auf seinen Knien abstützt.
Andere Beispiele für aufrechte Geburtspositionen sind:
- Aufrechter Vierfüßler: Knie dich auf das Bett und stütze dich auf der Lehne des Bettes ab, diese Position entlastet deinen Rücken
- Geburtshocker: Durch das aufrechte Sitzen auf dem Geburtshocker drückt das Gewicht des Babys nach unten
- Alle Geburtspositionen mit Seil: Mithilfe des Seils kannst du dein Gewicht auf das Seil verlagern und durch das Hängen die Wehen verstärken
Wie empfindet dein Baby die Geburt?
Während du und deine Gebärmutter fleißig schieben, bleibt auch dein Baby nicht untätig. Denn, um aus deinem Bauch auf diese Welt zu kommen, muss es durch das Labyrinth des Beckens tauchen.
Dein Becken ist in drei Bereiche aufgeteilt:
- Den Beckeneingang, der queroval geöffnet ist
- Die Beckenmitte ist rund
- Der Beckenausgang ist längsoval
Dein kleiner Schatz muss sich also drehen, um möglichst gut durch dein Becken zu passen. Den größten Umfang hat eindeutig der kindliche Kopf. Da die Schädelknochen deines Babys aber noch nicht zusammengewachsen sind, kann es sich dadurch noch etwas extra Platz schaffen. An den Linien der Schädelknochen kann deine Hebamme bei der vaginalen Untersuchung erkennen, wie sich dein Baby in deinem Becken befindet.
Oxytocin: Wie das Hormon bei der Geburt wirkt
Am Ende der Austrittsphase hältst du dein Kind endlich in deinen Armen. Bevor es aber soweit ist, versorgt dich dein Körper mit einer extra Dosis Oxytocin. Oxytocin ist nicht nur für die Koordination der Wehen zuständig, sondern wird auch Liebeshormon genannt.
Liebe auf den ersten Blick
Schneidet der kindliche Kopf durch, sprich, ist dein Baby kurz davor geboren zu werden, ist der Oxytocin-Spiegel im mütterlichen Blut am höchsten. Wird dein Baby schließlich auf diese Welt geboren, verschwinden zusätzlich Stress und Schmerzen und die frischgebackene Mutter verliebt sich Hals über Kopf in ihr Baby.
Was passiert nachdem dein Baby auf der Welt ist? Die 4. Phase des Geburtsverlaufs
Wie der Name schon sagt, findet die Nachgeburtsphase nach der Geburt deines Kindes statt. Während du also schon dein kleines Wunder im Arm halten kannst, zieht sich deine Gebärmutter erneut zusammen. So lösen sich die Plazenta, oder auch Mutterkuchen genannt, und die Eihäute, die dein Baby umgeben haben.
Die Geburt gilt erst dann als beendet, wenn die Nachgeburt erfolgreich geboren ist. Die Plazentageburt dauert für gewöhnlich zwischen 10 bis 30 Minuten. Sie kann jedoch auch bis zu einer Stunde auf sich warten lassen. Deine Hebamme kontrolliert daraufhin, ob alle Teile des Mutterkuchens vollständig sind, um mögliche Blutungen oder Komplikationen auszuschließen. Ist die Plazenta samt ihren Eihäuten intakt, beginnt ab diesem Zeitpunkt für dich offiziell das Wochenbett.
Was passiert nach der Geburt?
Nachdem die vier Phasen der Geburt abgeschlossen sind und dein Baby auf deinem nackten Bauch kuscheln kann, ist es häufig auch Zeit für das erste Anlegen. Durch den Geruch deiner Brustwarzen beginnt das Baby schon kurz nach seiner Geburt zu suchen. Zusammen mit deiner Hebamme wirst du die ersten Stillversuche starten, um deinem kleinen Wunder die goldene Vormilch zukommen zu lassen.
Deine Hebamme muss außerdem kontrollieren, ob während der Geburt etwas gerissen ist. Solltest du ein paar kleine Stiche benötigen, wird das direkt im Anschluss erledigt. Nach dem Versorgen der Geburtsverletzungen, der Erstuntersuchung deines Babys und den ersten Stillversuchen ist es an der Zeit, dass ihr etwas Ruhe bekommt. Dafür wirst du von deiner Hebamme auf die Wochenbettstation begleitet, wo du weiterhin zu jeder Zeit nach Unterstützung und Hilfe fragen kannst.
In den nächsten Tagen wirst du auf der Wochenbettstation auch den Umgang mit deinem kleinen Säugling inklusive Wickelanleitung für den Papa, das richtige Anlegen und Füttern kennenlernen. Diese erste Zeit ist sehr spannend sowie wichtig für Mama und Baby. Deshalb sollte nicht mit zu viel Besuch geladen werden. Gönnt euch erst einmal etwas Ruhe zu dritt, bevor es in ein paar Tagen in den Alltag zurück geht.
Wie kannst du dich auf die Geburt vorbereiten?
Heutzutage gibt es etliche Bücher, Podcasts und Instagram-Accounts, die über den Geburtsverlauf informieren. Trotzdem ist bei dieser Art von Vorbereitung immer etwas Vorsicht geboten. Bevor du dich mit Online-Kursen vorbereitest, achte darauf, wer diese Kurse hält und frage dich:
- "Hat die Kursleitung eine abgeschlossene Ausbildung als Hebamme oder einem anderen Fachbereich, der mit der Thematik 'Geburt' zu tun hat?"
- "Hat die Kursleitung Berufserfahrung in diesem Bereich und weiß die Person, wovon sie spricht?"
- "Über welche Themen wirst du in diesem Kurs informiert und was wirst du lernen?"
Geburtsvorbereitungskurs
Ich empfehle allen Eltern einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen. Denn dieser wird nicht nur von den Krankenkassen bezahlt, sondern nimmt dir auch die Angst vor der „unbekannten” Geburt. Je mehr du weißt, desto einfacher wird es dir fallen, deinem Körper und deinem Baby bei der Geburt zu vertrauen. Du wirst nicht nur den Geburtsverlauf kennenlernen, sondern auch verschiedene Geburtspositionen mit deinem Partner ausprobieren und das Veratmen der Wehen erlernen. Inhalt eines jeden Geburtsvorbereitungskurses ist auch die Zeit des Wochenbetts, um die ersten gemeinsamen Tage mit deinem Baby so gut wie möglich zu gestalten.
Entspannungstechnik Hypnobirthing
Je nach deinen Wünschen und Vorstellungen finde ich auch Hypnobirthing Kurse und mentale Geburtsvorbereitungskurse eine schöne Möglichkeit sich vorzubereiten. Zusätzlich zu den physiologischen Abläufen der Geburt für Mama und Baby erfährst du in diesen Kursen die Psychologie der Geburt. Du lernst Methoden und praktische Übungen, um deinen Fokus von den Geburtsschmerzen weg zu lenken und sie mittels Atmung, Selbsthypnose und weiteren Techniken zu verringern. Besonders schön an diesen Kursen finde ich, dass der Fokus auf der Natürlichkeit einer jeden Geburt liegt und sie Frauen in ihrem Selbstvertrauen unterstützt.
Wie kann dich dein Partner/in bei der Geburt unterstützen?
Ich finde es wichtig, dass dein Partner/deine Partnerin in die Geburtsvorbereitung mit einbezogen wird. Auch für ihn/sie ist es wichtig zu verstehen, in welcher Phase des Geburtsverlaufs du dich gerade befindest, um dich dabei entsprechend zu unterstützen. Falls dein Partner/deine Partnerin bei der Geburt nicht anwesend sein wird und dich z.B. eine gute Freundin oder ein Familienmitglied begleitet, gelten diese Tipps ebenfalls. Wichtig ist, dass dich deine Geburtsbegleitung während des Geburtsverlaufs unterstützt und auf deine Bedürfnisse eingeht.
Tipps für die Hilfe bei einer Geburt als Geburtspartner:
- Die Geburtsbegleitung sollte zu jeder Zeit in deine Vorstellungen eingeweiht sein. Warum? Da sie unter der Geburt häufig die Kommunikation für dich übernehmen muss und so für deine Wünsche einstehen kann.
- Die Geburtsbegleitung ist zuständig für die gesamte Organisation. Sie sorgt somit dafür, dass du in einer ruhigen und entspannten Atmosphäre gebären kannst. Die fertig gepackte Kliniktasche und die Nachricht an die werdende Oma sollten auf der To-Do Liste stehen.
- Die Geburtsbegleitung kann dich durch Massagen unterstützen und dir bei bestimmten Geburtspositionen Halt geben.
- Die Geburtsbegleitung reicht dir etwas zu trinken und holt dir eine warme Mahlzeit, um dich mit extra Energie zu versorgen.
- Auch Kuscheleinheiten oder Zärtlichkeiten sollten nicht vergessen werden. Denn bekannterweise setzen diese Aufmerksamkeiten zusätzliches Oxytocin frei. Dies kann den Geburtsverlauf zusätzlich positiv beeinflussen.
Im Großen und Ganzen ist die Rolle deiner Geburtsbegleitung, dir eine angenehme und sichere Atmosphäre zu schaffen und dich auf jedem Schritt der Geburt so gut wie möglich zu unterstützen. Diese Rolle ist nicht zu unterschätzen und daher empfehle ich jeder Geburtsbegleitung die werdende Mama zum Geburtsvorbereitungskurs zu begleiten.
Jetzt heißt es erst einmal: Herzlichen Glückwunsch!
Sowohl Mama als auch Baby haben während der Zeit der Geburt viel geleistet und verdienen nach diesem einzigartigen Ereignis erst einmal etwas Ruhe und Zeit, um sich kennenzulernen. Am besten lasst ihr den Besuch also bis zum nächsten Tag warten und genießt eure Baby-Flitterwochen ganz entspannt als Familie.
Autorin: Hebamme Vivian Fassbender
Als Hebamme begleitet und unterstützt Vivian Fassbender Frauen während der Schwangerschaft, bei der Geburtsvorbereitung und im Wochenbett. Nun schreibt die Hebamme für die Wunderwiege und teilt ihr Expertenwissen gerne mit uns und dir. Mehr erfahren